Der typische Biedermeier-Rahmen besteht aus einem schlichten flachen Holzprofil und war während des gesamten 19. Jahrhunderts und weit über die namengebende Epoche des eigentlichen Biedermeiers (ca. 1815 – 1850) hinaus beliebt. Er passt zu Stichen, Zeichnungen, eher seltener wurde er auch für Gemälde verwendet.
„Bieder“ ist daran eigentlich gar nichts, denn der ideale Rahmen dieser Stilrichtung verfügt über keinen bis wenigen Zierrat, keine Vergoldungen oder Ornamentik. Gelegentlich realisierte man Details mit Intarsien und Furnier, wenn auch eher von schlichter Machart. Die Rahmen sind breiter als tief, so dass frontseitig mit Vorteil ein schön strukturiertes Holz, etwa Fruchtholz (Apfel, Kirsche, Zwetschge, Nuss) oder generell Hartholz (Eiche, Ahorn) im Fokus stehen darf. Die meisten Rahmen wurden wohl mit Schellack poliert und sahen ganz neu (und aus heutiger Sicht) wohl fast ein bisschen „zu schön“ aus. Aber gerade diese manchmal etwas wilden und charaktervollen Holzprofile mit dem urtümlichen Schellack-Finish altern sehr würdevoll. Wurmlöcher, Risse und sonstige Patina wirken sich nur positiv aus.
Das Vorbild ↑ : Schöner originaler Rahmen aus Weichholz mit Nussbaumfurnier, Rückwand aus Tanne, wohl erste Hälfte 19. Jhdt.
Das Projekt ↓ : Neu gefertigte Leisten für einen „auf alt“ gemachten Biedermeierrahmen
Für ein antikes Pastell-Gemälde (um 1900) suchten wir einen passenden Rahmen, denn der Originalrahmen des Pastells war ein industriell hergestelltes Fertig-Profil aus derselben Zeit, welches allerdings zu pompös wirkte mit all den vergoldeten und hochglanzlackierten Bestandteilen. Da kein historischer Rahmen in passender Dimension vorhanden war, sollte kurzerhand ein neuer Rahmen hergestellt werden, mit dem optischen Ziel eines „Dachbodenfundes“.
Aus einem Reststück europäischen Nussbaumholzes hatte ich schon vor Jahren einmal diese Profile herausgesägt, welche jetzt zum Einsatz kommen. Die Struktur des Holzes war relativ gewöhnlich und so beschlossen wir, die Rahmenfront mit einem etwas spannenderen Nussbaumfurnier zu belegen. Ich habe die Furniere jeweils gespiegelt aufgeleimt, um eine gewisse natürliche Ornamentik mithilfe der Holzmaserung zu erzeugen. Der Rahmen wurde auf Gehrung zusammengefügt, allerdings nicht zu perfekt, so dass es nach jahrhundertealter Handarbeit aussieht. Vor 200 Jahren hatte man ja noch keine modernen Sägen und Kippfräsen, wie sie heute im Einsatz stehen. Auch die Furniere wurden bewusst etwas lässig aufgeleimt, weil so dünnes Holz mit der Zeit gerne etwas schwindet, reisst oder Spalten erzeugt. Das Furnier „läuft“ 90 Grad gegen die Struktur des Profils und besteht aus zusammengesetzten Teilen, die nun eine Art Muster ergeben.
Auf der Rückseite wurde der Rahmen abgefast ↑ , damit er weniger klobig wirkt und sich optisch etwas von der Wand abhebt später.
Der Rahmen wurde nach dem Schliff leicht gebeizt, für eine regelmässige Farbe. Dann mit Schellack die Holzoberfläche versiegelt und poliert. Zuletzt wurde der Rahmen „durchgerieben“ und mit Hartwachs patiniert, bis ein authentischer Glanzgrad erreicht wurde.
Das Resultat ↓ : Die ursprüngliche antike Scheibe und auch der Passepartout des Pastells wurden belassen.